Geschichte

Die Stiva im 20. Jahrhundert

Wie ältere Leute aus dem Dorf noch erzählt haben, war die Stiva Grischuna ein beliebter Treffpunkt beim ersten Aufschwung des Tourismus in Disentis in den Jahren 1890-1914.

Ebenfalls trafen sich hier gerne die Bauleute, die bei der Erstellung der Strecke RhB Ilanz-Disentis beschäftigt waren.

Über alle Jahre und Jahrzenhnte behielt die Stiva Grischuna ihren guten Namen. Vor allem machte sie auch problemlos den Schritt mit, als in Disentis der Wintertourismus aufkam.

1985 kauften Hanni und Norbert Maissen die Stiva und waren bestrebt, den Ansprüchen der Zeit in jeder Hinsicht gerecht zu werden.

Die Stiva Grischuna

Die Stiva Grischuna im Dorfgefüge von Disentis

Alte Stiche zeigen eindeutig, dass das heutige Dorf bis um 1890 aus zwei Dörfern bestand. Erst dann begannen die Dorfteile langsam zusammenzuwachsen. Die neuen Kantonsstrassen Oberalp und Lukmanier um 1870 (damals Landstrassen genannt) und der Bau der Rhätischen Bahn bis nach Disentis (1912) und der Matterhorn Gotthard Bahn (1925 als Furka Oberalp Bahn) trugen einiges dazu bei.

Dorfteil I

Dorfteil I bestand aus dem Kloster und den unterhalb des Klosters liegenden Wohnhäusern und Herbergen. Diese waren meistens aus Stein, gross und geräumig für ein Bergdorf, und gehörten meist vornehmen Familien. Die STIVA GRISCHUNA als Holzbau bildete in dieser Reihe eine Ausnahme. Später entstanden in diesem Dorfteil die ersten Hotels und Gasthäuser. Auch die Postkutschen hielten mitten im Dorf unweit der STIVA GRISCHUNA.

Dorfteil II

Dorfteil II bestand aus den Häusern südlich von der Pfarrkirche am Rein d’Acletta mit Gonda und Raveras, wo die Handwerker (Wasserkraft) und die Taglöhner wohnten. Diese galten Jahrhunderte lang als die sozial und wirtschaftlich niedrig gestellten. Noch heute sind diese Gegensätze nicht aus der Welt geschaffen, auch wenn die gesellschaftliche Ausgleichung schon längst stattgefunden hat. Mit „vus da vitg…“ (Ihr vom Dorf) oder „vus da Raveras…“ (ihr von Raveras) kann man schon noch Emotionen wecken. Ein eigentliches Bauerndorf wie die Aussendörfer von Disentis (Segnas, Acletta, Disla u.a.) war Disentis nie.

Die Stiva Grischuna nahm hier eine Mittelstellung ein. Sie war eben ein Holzbau wie die Häuser in Gonda und Raveras (nur viel schöner) und am Namen STIVA GRISCHUNA haftete nicht der Beigeschmack vorherrschender Sippen. Die STIVA GRISCHUNA zählt zu den ältesten noch erhaltenen Gasthäusern von Disentis. Sie hiess früher einmal Gasthaus zum Löwen und war Besitz der Familie Condrau. Das heutige Aussehen, ländliches Rokoko, erhielt sie nach dem Dorfbrand von 1799. Die schön getäfelte Decke von 1804 und 1805 zeigt zwei alte rätoromanische Familienwappen (Condrau und Monn).

Die Stiva Grischuna und zwei geschichtliche Ereignisse um Disentis

Der Franzoseneinfall von 1799

Am 1. März 1799 erklärte Frankreich Österreich den Krieg. Napoleon setzte drei Armeen gegen Österreich in Bewegung. Eine durch die Schweiz. Ein direkter Weg war die Alpenlinie Genf-Lausanne-Brig-Andermatt-Disentis-Chur-Feldkirch. Die Österreicher hielten die Surselva besetzt. Im Frühjahr 1799 gelang es aber Frankreich sie zu besetzen. In Disentis liessen sie Truppen zurück für die Sicherung der eroberten Gebiete. General Demont, ein Disentiser in französischen Diensten, schloss den Besetzungsvertrag mit dem Kloster und dem Volk ab und zog weiter. Bald drückte die Anwesenheit der Besatzung schwer auf die einheimische Bevölkerung. Sie musste fast ganz für den Unterhalt der fremden Truppen aufkommen. Der schlimmste Franzose war der allseits verhasste Kommissar Fromage (Er hiess wirklich so.), der alles Verfügbare beschlagnahmen liess. Die Lage wurde unerträglich. Einheimische fassten den unvernünftigen und unheilvollen Entschluss, die französischen Truppen zu vertreiben. Pater Placidus Spescha warnte sie vergeblich.

Die Bewachungssoldaten wurden wie Vieh zusammen getrieben, und unterhalb der Casa Cumin vor der STIVA GRISCHUNA stellte sie vor Gericht. Das ist wohl die schlimmste Begebenheit, die die STIVA GRISCHUNA in ihrer langen Geschichte mit ansehen musste. Die aufgebrachte Menge hätte am liebsten alle inzwischen wehrlosen französischen Gefangenen auf der Stelle niedergemacht. Auf den Knien und mit Tränen in den Augen und baten der Dorfpfarrer und Pater Basil Veith, ein Deutscher, die Gefangenen zu schonen. Vergebens. Man führte sie zum Dorf hinaus und in einem Tumult wurden sie restlos niedergemetzelt. In der französischen Kriegsforschung ist diese traurige Begebenheit als „Le Massacre de Dissentis“ bezeichnet:

Die Rache der Franzosen war schrecklich. Am 4. Mai rückte eine französische Übermacht unter General Menard in Disentis ein. Sie plünderten das Dorf und brannte es fast ganz nieder, 215 Häuser und Ställe innert 2 -3 Stunden. Nur einzelne Häuser wurden verschont oder nahmen wenig Schaden. Darunter muss auch die STIVA GRISCHUNA gewesen sein, denn kurz darauf beherbergte sie wieder französische und im Herbst österreichische Offiziere. Graubünden mit den vielen Pässen war zu Zeit der Napoleonischen Kriege ein Spielball der grossen europäischen Mächte.

Der Klosterbrand von 1846

Am 28. Oktober 1846 um neun Uhr Abends ertönte im Dorf der Ruf: „Fiug, fiug! L’entira claustra ei en flommas!“ Von der ganzen Cadi kamen die Feuerwehren und arbeiteten die ganze Nacht bis in den Tag hinein. Der Chronist berichtet: „Die treuen Helfer liess das Kloster nach getaner Arbeit in den Gaststätten des Dorfes bewirten. Darunter war bestimmt auch die STIVA GRISCHUNA.

Schon am Tage nach dem Brand beriet das Klosterkapitel wie es weitergehen sollte. Die Versammlungen wurden in der STIVA GRISCHUNA, die die Abtei gemietet hatte, abgehalten. Auch wurde dort ein Teil der Mönche einquartiert. Erst im September 1848 verliessen sie die STIVA GRISCHUNA und übersiedelten ins Kloster. Manchen Mönchen habe es dort unten recht gut gefallen!